Mexikanischer Kakao: Ein Gespräch mit Jan Schubert von Original Beans

Mexikanischer Kakao: Ein Gespräch mit Jan Schubert von Original Beans

Mexikanischer Kakao: Ein Gespräch mit Jan Schubert von Original Beans

Jan Schubert, Conservation Cacao Leader bei Original Beans, teilt seine Erkenntnisse über mexikanischen Kakao und nachhaltige Anbaumethoden.

1. Du bist ja der Kakao-Experte bei Original Beans. Was hat dich an diesem mexikanischen Kakao besonders fasziniert?

Mich fasziniert vor allem die kulinarische Geschichte. Auch wenn Kakao aus Südamerika kommt und dort auch schon länger angebaut und verwendet wird als in Zentralamerika, ist es doch Zentralamerika und vor allem Mexiko, wo eine breite Kakao Kultur entstanden ist, die weit über die Trinkschokolade hinausgeht: Die Verwendung von Kakao in Mole (Soßen) und in zahlreichen herzhaften Gerichten, die Kombination mit Gewürzen und unzähligen Arten von Chilischoten. Genau diese Diversität spiegelt sich auch in den Kakaogärten der Zoque wider, wo Kakao in Mischkulturen mit genau diesen Gewürzen angebaut wird - und das schon seit Jahrtausenden.

2. Wenn du diesen mexikanischen Kakao in drei Worten beschreiben müsstest, welche wären das?

Harmonisch, ausgewogen, tropisch.

3. Was war dein "Aha-Moment" bei der Entdeckung dieses besonderen Kakaos in Mexiko?

Den Effekt einer lebendige Kakao-Kultur kennenzulernen, den Stolz der Bauern auf ihren Kakao und dadurch eine einzigartige Wertschätzung für Qualität zu erleben, war besonders aufschlussreich für mich.

4. Wie hat sich der Kakaoanbau in Mexiko in den letzten Jahren verändert?

Die Produktion ist seit Anfang der 1990er Jahre rückläufig und hat sich seit 2005 mit dem Auftreten der Moniliasis (ein Pilz, der Kakaopflanzen befällt) noch verschlimmert. Die letzten beiden Jahre waren aufgrund von extremer Hitze und Trockenheit sehr schlechte Jahre für den Kakaoanbau.

 

5. Was können wir von den mexikanischen Kakaobauern über Nachhaltigkeit lernen?

Der traditionelle Anbau in Kakaogärten statt in Monokulturen (wie sie etwa in Westafrika vorherrschen) ist in Mexiko tief verwurzelt. Sie sind ein Vorzeigebeispiel für sogenannte Food Forests. Das sind wallartige Anbauflächen, in denen neben einer oder mehrer Kulturpflanzen, die zum Verkauf gedacht sind, auch Pflanzen angebaut werden, die die Nahrungssouveränität der Bauern sichern. Gerade im Zusammenhang von Kleinbauern und indigenen Gemeinden, die nur über beschränkte Anbauflächen verfügen, ist dies besonders wichtig, um keine Abhängigkeit zu erzeugen.

In den mexikanischen Kakaogärten können quasi alle Gewürze (Ingwer, Kurkuma, Kardamom, Pfeffer, Zimt, Nelk, Pfeffer, Vanille, Zitronengras), Früchte (Bananen, Mangos, Ananas, Papayas, Zitrone, Grapefruit) und wichtige Grundnahrungsmittel wie Mais, Kochbananen und Bohnen selbst angebaut werden.

In Mexiko wird seit Tausenden von Jahren Kakao angebaut. Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder sehr schlechte Kakao-Jahre. Die Tatsache, dass sie trotz der niedrigen Preise, die sie bis zu diesem Jahr erlebt haben, immer noch existieren, spricht für die Widerstandsfähigkeit und den Stolz der mexikanischen Kakaobauern.

 

6. Wie beeinflusst das Terroir den Geschmack des mexikanischen Kakaos?

Zum einen wurde durch die uralte Kakaokultur in Mexiko alte Criollo Kakaos erhalten, die sich nach der Ankunft der Spanier mit verschiedenen Kakaosorten, die aus anderen südamerikanischen Ländern mitgebracht wurden, wild gekreuzt haben. Besonders in der Region des heutigen Tabasco stammt dieser Kakao oft aus Ecuador, nämlich alter Amelonado und Nacional Kakao. Die so entstandene Kreuzung wird heute als Tabasqueño bezeichnet, eine uralte Landrasse, die die milden Noten des alten Criollos mit der typischen Schokoladigkeit des ecuadorianischen Nacional vereinigt.

Zum anderen führen die regelmäßig auftretenden Trockenperioden in der Region dazu, dass Fruchtnoten im Kakao besonders hervortreten, da sich mehr Zucker im Fruchtfleisch anreichern kann.

Außerdem wird durch den Anbau in diversen Agroforstsystemen das Geschmacksprofil des Kakaos nochmals facettenreicher, da der Kakao über den Boden viel mehr Aromen aufnehmen kann.

 

7. Wie trägt dieser spezielle Kakao zur Artenvielfalt in der Anbauregion bei?

Durch den biologischen Anbau, also ohne jegliche Spritzmittel, wird die enorme Artenvielfalt an Insekten geschützt. Insekten sind nicht nur zur Bestäubung wichtig, sondern auch Nahrung und Lebensgrundlage für viele andere Tiere, wie Vögel, Amphibien und auch Säugetiere.

Der Anbau in traditionellen Kakaowäldern, also diversen Agroforstsystemen, schafft zudem Lebensräume für viele Tiere, vor allem Vögel und Fledermäuse.

Außerdem wird durch den Kakao-Ankauf auch die Zoque-Gemeinde ökonomisch unterstützt und so indirekt der Schutz ihres Waldes unterstützt, den sie als Naturschutzreservat erhalten.

8. Wie beeinflusst der Klimawandel speziell den Anbau dieses mexikanischen Kakaos und wie begegnet ihr dem?

Die letzten beiden Jahre waren sehr heiß und trocken und die Produktivität von Kakao und anderen Kulturpflanzen, die auf ein feuchtes Klima angewiesen sind, wie Vanille und Pfeffer, ist stark zurückgegangen. Der Schatten, den die unterschiedlichen Baumarten in Agroforstsystemen bilden, mildert diese Auswirkungen, so dass hier der Produktionsrückgang deutlich geringer ausfällt als in Monokulturen.

9. Welche konkreten Maßnahmen setzt ihr um, um den Kakaoanbau in Mexiko umweltfreundlicher zu gestalten?

Wir fördern die biologische Vielfalt der Kakaogärten, durch den Anbau in diversen Kakaogärten, also diversen Agroforstsysteme. Die Holzbäume in diesen Systemen nehmen große Mengen an CO2 auf, die sie langfristig speichern. In den Kakaogärten werden keinerlei Pestizide, Herbizide, Fungizide oder chemische Dünger eingesetzt - durch die externe Bio-Zertifizierung garantieren wir dies.

 

10. Inwiefern trägt euer Engagement für regenerativen Anbau und Fairness zur sozialen Nachhaltigkeit in den Anbauregionen bei?

Alle Original Beans Projekte unterstützen Kleinbauern und indigene Gemeinden, da wir von diesen den Kakao zu Preisen über den Weltmarkt beziehen. Zusammen mit unserem Partner unterstützen wir die Kleinbauern zudem dabei, die Bio-Zertifizierung zu erlangen, Zugang zu Setzlingen zu bekommen und an Weiterbildungen teilzunehmen, um mehr über Bio-Landwirtschaft zu lernen und so ihre Produktion auf eine nachhaltige Weise steigern zu können. Beispielsweise durch die Herstellung von Bio-Düngern oder das Erlernen, wie man Bäume richtig zurückschneidet, können die Produktivität und dadurch auch die Einkommen um 50 % gesteigert werden.

In unseren Baumschulen werden neben Kakao auch langsam wachsende Holzbäume gezogen. Diese werden an die Bauern verteilt, sozusagen als Renten-Fond, da sie Jahrzehnte brauchen, um zu wachsen, dann aber eine hohen Wert erzielen.

In den Jahren niedriger Weltmarktpreise (also den vergangenen Jahrzehnten) kaufen wir den Kakao zu hohen, aber vor allem stabilen Preisen, mit denen die Bauern sicher planen können. In der aktuellen Situation explodierender Weltmarktpreise (Preisanstieg von 400 % von Juli '23 zum Juli '24) zahlen wir zusätzliche Prämien für Qualität und biologischen Anbau.

11. Welche Nachricht möchtest du jedem Kakaoliebhaber mitgeben?

Nachhaltiger Kakaoanbau ist möglich! Auch wenn Kakao immer wieder in Verruf steht, etwa wegen Kinderarbeit und Sklaverei in Westafrika, Abholzung von Regenwäldern und so weiter, kann man mit Kakao auch genau das Gegenteil erreichen. Nämlich ein existenzsicherndes Einkommen für Kleinbauern, Aufforstung und eine positive Klimabilanz. Denn eines sollte man nicht vergessen: Kakao ist ein Baum und alte Sorten in biologischen Anbau können weit über hunderte Jahre alt werden und dabei Unmengen von CO2 speichern, zusammen mit den Holz und Obstbäumen der Agroforstsystem ist richtig guter Kakao damit sogar hochgradig klimapositiv.

 

12. Wie stellt Original Beans die Qualität der Bohnen sicher?

Um die Qualität sicherzustellen, wird der Kakao zentral angekauft und weiterverarbeitet (fermentiert und getrocknet). Nur so kann eine einheitliche und immer gleichbleibende Qualität gewährleistet werden.

Unser Partner hat ein speziell für diesen Kakao angepasstes Fermentations- und Trocknungsprotokoll erarbeitet, um Bitterstoffe weitestmöglich abzubauen, ohne dabei feine Fruchtnoten zu zerstören.

Vor dem Verschiffen des Kakaos werden Muster von jedem einzelnen Batch nicht nur auf Geschmack getestet (mittels eines geschulten Verkostungs-Panels), sondern auch auf Pestizidrückstände und Cadmium untersucht. Nach der Ankunft im Lager in Amsterdam werden alle diese Analysen nochmals wiederholt.

13. Wie sieht dein Arbeitsalltag bei Original Beans aus?

Das Schöne ist, dass es keinen Alltag gibt. Die Hälfte meiner Zeit verbringe ich in unseren Projekten, um unsere Bauern und Aufforstungsprojekte zu besuchen, mich mit Partner zu treffen und unser lokales Team zu koordinieren. Die andere Hälfte arbeite ich aus dem Home Office an Bio-Zertifizierung, Projektplänen, Export und Import von Kakao sowie der Qualitätssicherung. Und wenn dann noch Zeit bleibt, wende ich mich meinem Lieblingsthema zu, dem Erhalt alter Kakaosorten und arbeite mit dem Team von Bioversity International an der Entschlüsselung und Gruppierung der DNA alter Kakaosorten.

Interview mit Jan Schubert, Conservation Cacao Leader bei Original Beans.


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