Obwohl das Getränk, das wir aus Moruga Tafeln herstellen, der ursprünglichen Schokolade wortwörtlich am nächsten kommt, dürfen wir unsere Produkte nicht Schokolade nennen. Der Grund: Unsere Rezepturen enthalten keinen Zucker. Unsere Rezepturen enthalten gar nichts außer Kakao. Wir haben keine Rezepturen. Wir mahlen nur geröstete Kakaobohnenkerne und fügen eine Prise Salz hinzu.
Irgendwie ist das schade, da wir uns so oft in einem Wörterlimbus wiederfinden, gefangen zwischen Kakao und Schokolade.
Die Kakaoverordnung sollte das eigentlich regeln
In der Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse (Kakaoverordnung) - kurz KakaoV 2003 - ist in typisch deutscher Manier klar geregelt, welche Begriffe die Schokoladenindustrie für die Vermarktung ihrer Produkte verwenden darf.
Prinzipiell soll die Kakaoverordnung unterbinden, dass minderwertige Lebensmittel mit künstlichen Aromen, jedoch ohne echten Kakao, als Schokolade oder Kakao gehandelt werden. In den Definitionen ist fast immer die Rede von einem Mindestkakaogehalt.
Unter Anlage 1 sind die beiden für uns wichtigen Begriffe gelistet:
- Kakaopulver, Kakao
a) Erzeugnisse aus zu Pulver verarbeiteten, gereinigten, geschälten und gerösteten Kakaobohnen, das mindestens 20 Prozent Kakaobutter, auf das Gewicht der Trockenmasse bezogen, und höchstens 9 Prozent Wasser enthält.
- Schokolade
a) Erzeugnis aus Kakaoerzeugnissen und Zuckerarten, das (...) mindestens 35 Prozent Gesamtkakaotrockenmasse, davon mindestens 18 Prozent Kakaobutter und mindestens 14 Prozent fettfreie Kakaotrockenmasse, enthält.
Welche der Verkehrsbezeichnungen trifft auf Moruga Tafeln zu?
Als die Kakaoverordnung geschrieben wurde, ging sicherlich niemand davon aus, dass jemand ein Start-up gründen würde, um zuckerfreie und zusatzfreie, pure Kakaomasse mit einer Prise Salz für die Zubereitung von Trinkschokolade nach traditionellem Vorbild anzubieten.
Unsere "kakaohaltige Lebensmittelzubereitung" in der Produktion.
"Nicht entfettete Kakaomasse?"
Pure, geröstete und gemahlene Kakaobohnenkerne werden gemeinhin als Kakaomasse bezeichnet. Dieser Begriff ist jedoch nicht sehr klar, da ebendiese Kakaomasse in einem typischen Verfahren der Großindustrie oft großer Hitze und starkem Druck ausgesetzt wird, um die darin enthaltene Kakaobutter zu verflüssigen. Das zurückbleibende Pulver wird ebenfalls als Kakaomasse bezeichnet - allerdings mit dem Zusatz “stark” oder “schwach entfettet”. Also verkaufen wir Kakaomasse?
Nicht so schnell! Weil wir eine geringe Menge Salz zur ansonsten jungfräulichen Kakaomasse hinzufügen, sind unsere Tafeln nicht als Kakaomasse zu bezeichnen. Rechtlich gesehen ist das, was wir in Tafelform verkaufen, also eine “kakaohaltige Lebensmittelzubereitung”. Sexy.
Unabhängig von der Juristerei - wie wollen wir über unser geliebtes Heißgetränk sprechen?
Indio Rojo aus Guatemala 🇬🇹 - Kakaoschoten nach der Ernte. Aus ihnen macht man: Kakao? Oder Schokolade? Foto: Christoph von Kakao Fino.
Auf der einen Seite wollen wir die puristische Idee, ein Heißgetränk aus Kakao und Wasser zu trinken, vorantreiben. Genau wie die Second- und Third-Wave Kaffeepioniere des letzten Jahrhunderts wollen wir alle unnötigen Zusatzstoffe abschütteln (man denke an Nescafé-Pulver mit Zucker, Milchpulver, Aromen und Stabilisatoren vs. frisch gerösteten “Bohnenkaffee”) und uns auf das konzentrieren, was wirklich zählt: den Kakao.
Eigentlich logisch, dass wir hier überall von Kakao sprechen und nicht von Schokolade.
Auf der anderen Seite ist da die Geschichte und Etymologie von Schokolade, derer wir auch nicht gänzlich fremd sind.
Die Wurzeln des Wortes Schokolade
Die Nahuatl-Sprache der Azteken ist sehr wahrscheinlich die Wurzel für unser modernes Wort “Schokolade”, denn die frühen Bewohner Mesoamerikas tranken ihre geliebte “Xocolatl” zubereitet aus Kakao und Wasser. Dieses Wort aus der Nahuatl-Sprache wird oft übersetzt mit “bitteres, braunes Getränk”.
Schokolade als beliebtes Heißgetränk in Europa
Selbst im frühen deutschen Sprachgebrauch meinte das Wort “Schokolade” noch ein Heißgetränk, zubereitet aus Kakaomasse und heißem Wasser. Schokoladenhäuser waren die Vorläufer der europäischen Kaffeehäuser und hier wurde Schokolade aus großen Kübeln ausgeschenkt.
Zugegebenermaßen wurde sowohl Xocolatl in Mesoamerika als auch Schokolade in Weimar oft angereichert mit Honig, Vanille, Zimt, Kardamom, Pfeffer, Orangenschalen, Chili und sogar Milch serviert. Doch “Schokolade” bezeichnete nichtsdestotrotz das Heißgetränk, dessen Basis heißes Wasser und Kakaomasse war.
“A Rake’s Progress: The Gaming House” - ein bekanntes Schokoladenhaus im 18. Jahrhundert WILLIAM HOGARTH/SIR JOHN SOANE’S MUSEUM/WIKIMEDIA
Hier komme ich nicht umhin, einen uns altbekannten Schokoladenfan* zu zitieren:
“Nun steh ich hier, ich armer Tor,und bin so klug als wie zuvor.”
Wir sagen: Kakao
Ich habe mich schlussendlich dafür entschieden, den Namen der Pflanze für das daraus zubereitete Heißgetränk zu verwenden.
Wie nennt man ein Getränk, das aus heißem Wasser und fermentierten und getrockneten Teeblättern zubereitet wird? Tee.
Wie nennt man ein Getränk, das aus heißem Wasser und fermentierten, getrockneten, gerösteten und gemahlenen Kaffeebohnen zubereitet wird? Kaffee.
Wie nennt man ein Getränk, das aus heißem Wasser und fermentierten, getrockneten, gerösteten und gemahlenen Kakaobohnen zubereitet wird? Kakao!
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PS: *Goethe sagte, dass es ihm ohne das morgendliche Schokoladetrinken schwer fiel, zu schreiben. Schlauer Mann! Ich trank während des Schreibens Porcelana aus Peru 🇵🇪.
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